Das Dentallabor von morgen

In den letzten Monaten haben wir auf unserem Blog einige Artikel zur Zukunft des Dentalmarkts veröffentlicht. In diesem Beitrag gehen wir auf eine Meta-Ebene und sehen uns die einzelnen Puzzleteilchen nochmal im Gesamten an. Wir verschieben unseren Blickwinkel und sehen die Daten als Diskussionsgrundlage. Es gibt nicht schwarz oder weiß, gut oder schlecht – aber viele Chancen, die wir nutzen können.

Die dentale Material- und Technologievielfalt wächst

Wie in vielen anderen Branchen auch, nimmt der Einsatz von digitalen Technologien im dentalen Bereich immer mehr zu. Dadurch eröffnen sich auch viele neue Möglichkeiten für den Einsatz zahntechnischer Werkstoffe.

Subtraktive Verfahren wie die Frästechnik ermöglichen den Einsatz von Zirkonoxid und Keramiken für monolithischen Zahnersatz und vereinfachen gleichzeitig Prozesse bei der Arbeit mit thermoplastischen Kunststoffen. Der Einsatz von Kunststoffen gehörte bereits in der konventionellen Zahntechnik zum Alltag, jedoch unter erschwerten Arbeitsbedingungen. Beispielsweise entweichen dem Material beim Auspolymerisieren giftige Stoffe, denen Zahntechniker:innen ausgesetzt waren.

Der Einsatz neuer Technologien und Verfahren in der Zahntechnik führt also nicht nur zum Einsatz neuer Werkstoffe und zu einem Effizienzgewinn, sondern auch zu verbesserten Arbeitsbedingungen im Dentallabor.

Neben den subtraktiven Verfahren gewinnt auch die additive Fertigung immer mehr an Relevanz. Das LaserMelting-Verfahren für die wirtschaftliche Herstellung von Gerüsten aus Metallen wie Kobalt-Chrom (CoCr), Titan und Gold hat schon vor vielen Jahren die Zahntechnik revolutioniert. Neuer ist dagegen das Kunststoff-3D-Druck-Verfahren. Im Moment werden hier in erster Linie dentale Hilfsstrukturen produziert. Neue Druckmaterialien ermöglichen aber in Zukunft definitiven Zahnersatz auf diese Weise zu fertigen.

Neben Metall und Kunststoff gibt es inzwischen auch die Möglichkeit, Keramik-Gerüste zu drucken. Im Moment handelt es sich hierbei in erster Linie um Strukturen im Rahmen des Rapid-Prototyping. Aber auch in diesem Bereich wird an Materialien geforscht, die auf Dauer im Patientenmund verbleiben dürfen, sodass ein Einsatz in der Zahntechnik für die Zukunft nicht ausgeschlossen wird.

Digitale Technologien und Vernetzung als Leitgedanke der Dentalbranche

Um einen Effizienzgewinn zu erzielen, erfordert der Einsatz von neuen Technologien und Materialien ein Neudenken vieler Prozesse in dentalen Laboren. Während in der konventionellen Zahntechnik die Kommunikation von Mensch zu Mensch im Mittelpunkt stand, müssen Maschinen und Materialien in die Kommunikation eingebunden werden. Nur so kann die optimale Nutzung von Ressourcen gewährleistet werden.

Die vernetzte Kommunikation von Mensch, Maschinen und Materialien geht über das eigene Dentallabor hinaus und bindet auch Behandelnde und Patient:innen mit ein. In einem digitalen 360° Workflow spielt der Plattformgedanke eine zentrale Rolle. Auf diese Weise besteht die Möglichkeit, trotz räumlicher Entfernung, Daten in Echtzeit zu übertragen. Beispielsweise können Zahntechniker:innen dem Beratungsgespräch von Behandelnden mit Pantient:innen direkt im Anschluss nach dem Scan der Mundsituation virtuell zugeschaltet werden. Dank der Plattform und vorgenannter Option der Echtzeitübertragung kann diese Beratung bereits direkt auf Basis der Scandaten erfolgen, die im Dentallabor zeitgleich aufgerufen werden können. Bereits hier entsteht ein Effizienzgewinn, denn Patient:innen müssen nicht extra für einen Folgetermin zur Besprechung einberufen werden.

Auf Grundlage des intraoralen Scans findet zudem bereits eine Simulation möglicher Behandlungsergebnisse statt, auf die sich Behandelnde, Patient:innen und Zahntechniker:innen einigen. Diese dient als Basis für die Erstellung des Zahnersatzes. An dieser Stelle werden wir zukünftig weitere Entwicklungen im Bereich der Augmented Reality in der Dentalbranche sehen. Durch den Einsatz von VR-Brillen, die bereits aus dem Gaming-Bereich bekannt sind, verschmelzen reale und digitale Welt und Simulationen werden für Patient:innen noch greifbarer.

Aber nicht nur die Kommunikation zwischen Zahnärzt:innen, Patient:innen und Zahntechniker:innen verändert sich. Im Dentallabor selbst unterstützt die Vernetzung die Optimierung von Prozessen. Automatismen in Maschinen sorgen dafür, dass die Fertigung von Gerüsten administrationsfrei über Nacht oder am Wochenende läuft. Dazu zählen automatisierte Material- und Werkzeugwahl und auch selbstreinigende Innenräume.

Mit Anbindung an ein ERP-System besteht zusätzlich die Option, Material automatisch ab einem bestimmten Lagerfüllbestand nachzubestellen.

Das Dentallabor vom Produkt- zum Lösungsanbieter

Neue Technologien, Materialien und die intelligente Vernetzung von Mensch, Maschine und Material verändert die Aufgaben im Dentallabor. Durch die Vereinfachung von Prozessen und die inzwischen geringere Investitionshöhe bei Fräsanlagen (ca. 30.000 Euro) finden kleinere Restaurationen unter Umständen zukünftig direkt in der Zahnarztpraxis selbst statt.

Dentallabore, die bereits jetzt in den digitalen Workflow investiert haben, sind von dieser Entwicklung weniger betroffen. Ihre hohe Qualität – zu für ihre Kunden günstige Konditionen – können auch die verhältnismäßig günstigen Investitionskosten nicht schlagen. Wer dann noch zusätzlich Service-Dienstleistungen anbietet, wird von dieser Entwicklung vermehrt profitieren. Zahntechniker:innen werden neben Handwerker:innen zu Berater:innen von Zahnärzt:innen. Sie unterstützen Behandelnde von der Planung bis zum Abschluss der Behandlung mit ihrem Know-how. Komplexe Restaurationen werden weiterhin im Dentallabor verbleiben. Dentallabore entwickeln sich entsprechend von reinen Produktanbietern hin zu Lösungsanbietern nach folgender Formel: Produkt + Service = Lösung

Diese Entwicklung rückt Patient:innen und ihre Anforderungen weiter in den Mittelpunkt. Bestes Beispiel ist hierfür das Backward Planning. Nähere Informationen dazu finden Sie Beitrag „Sicherheit durch Backward Planning mit CADdent“.

Patient:innen als wichtige Zielgruppe von Dentallaboren

Im vorangegangenen Absatz haben wir davon gesprochen, dass die Anforderungen der Patient:innen weiter in den Mittelpunkt rücken. Somit verlagert sich auch die Zielgruppe dentaler Labore. Bisher richtete sich der Fokus von Dentallaboren allein auf Behandelnde also Zahnärzt:innen und Kieferorthopäd:innen. Aufgrund der Veränderungen am Markt ist an dieser Stelle eine Neuausrichtung notwendig.

Digitale Patient:innen – oft auch als (e)Patient:innen bezeichnet, sind aufgeklärter und verlassen sich nicht mehr ausschließlich auf die Beratung von Zahnärzt:innen und Kieferorthopäd:innen, sondern informieren sich selbst über das Internet.

Mit besserer Informationslage und steigendem Bewusstsein für Biokompatibilität und Ästhetik sind digitale Patient:innen zudem bereit, private Zahlungen zu leisten, um ein Ergebnis zu erreichen, das ihren Vorstellungen entspricht.

Kurz gesagt: Durch die verbesserte Aufklärung erreichen Patient:innen eine stärkere Marktmacht. Dentallabore sollten diese Zielgruppe bei der Planung von Marketingmaßnahmen in jedem Fall berücksichtigen.

Fachkräftemangel – Herausforderung und Chance im Dentallabor

Fachkräftemangel – ein unschönes Wort, dessen Tatsache zahlreiche Branchen betrifft und auch der Dentalsektor bleibt davon nicht unberührt.

Gleichzeitig liegt in Herausforderungen auch immer eine Chance. Wer weiß, wie weit Digitalisierung und die damit einhergehenden neuen Materialmöglichkeiten fortgeschritten wären, wenn es – bedingt unter anderem durch den demographischen Wandel – keine Sorge vor mangelndem Nachwuchs gäbe.

Wie in vielen handwerklichen Berufen besteht auch in der Dentalbranche ein Mangel an Fachkräften. Gleichzeitig befindet sich das Berufsbild Zahntechniker:in im Wandel. Was sich nicht verändert, sind die Kernthemen dieses Berufsbilds: Leidenschaft und Kreativität. Zahntechniker:innen werden gerne auch als Künstler:innen bezeichnet – das sind sie auch, Künstler:innen mit dem Anspruch, den natürlichen Zahn nachzuempfinden, ein ästhetisches Gesamtbild zu erschaffen und das natürliche Lächeln von Patient:innen zurückzuholen.

Neben Kreativität, handwerklichem Geschick und Leidenschaft müssen Zahntechniker:innen nun aber zusätzliche Fähigkeiten mitbringen. Dazu zählen eine hohe digitale Kompetenz und der Dienstleistungsgedanke.

Durch die Veränderung von reinen Produzent:innen hin zu Spezialist:innen, Expert:innen und Dienstleister:innen ist zudem eine hohe Werkstoffkompetenz gefragt. Denn nur auf diese Weise kann eine optimale Beratung für Behandelnde und Patient:innen gewährleistet werden.

Auch wenn die fortschreitende Digitalisierung den Fachkräftemangel etwas kompensiert – es gibt zu wenige Zahntechniker:innen. Um diese für sich und das eigene Labor zu gewinnen, verändern sich zunehmend die Anforderungen an Labore als Arbeitgeber.

Erste Voraussetzung: Die Werte von Mitarbeitenden und ihrem Arbeitgeber sollten größtenteils übereinstimmen. Dazu gehört unter anderem auch das Thema Flexibilität auf beiden Seiten. Nicht zuletzt seit der Pandemie werden Home-Office-Angebote gerne genutzt. Tätigkeiten am PC, wie das virtuelle Designen von Gerüsten, sind gut von zu Hause aus machbar.

Aber auch Vertrauen, eine gute Fehlerkultur, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung spielen an dieser Stelle eine Rolle. Dabei gibt es kein gut oder schlecht, kein schwarz oder weiß – die Einstellung von Mitarbeitenden muss eben zu der Einstellung des Unternehmens passen. Nur so entsteht Wertschätzung von beiden Seiten, die Mitarbeitende emotional an das Unternehmen bindet und für erhöhte Motivation und eine gute Stimmung im Team sorgt.

Globalisierung – diese Chancen bietet sie dem Dentalmarkt

Wenn von Globalisierung auf dem Dentalmarkt gesprochen wird, dann geht das meistens mit Dentaltourismus einher. Wobei der Einzug neuer Technologien den Trend zum Auslandszahnersatz einbremst. Durch die erhöhte Effizienz dank der neuen Technologien sind weniger Fachkräfte notwendig – die es aufgrund des Fachkräftemangels ohnehin auf dem Markt nicht gibt. Gleichzeitig amortisieren sich hohe Investitionskosten durch eine gesteigerte Produktivität. Zahnersatz kann dementsprechend günstiger angeboten werden. Da sich sowohl (e)Patient:innen als auch Zahnärzt:innen lieber auf Zahnersatz made in Germany verlassen, verbleibt die Wertschöpfung in Deutschland.

Mit Globalisierung werden also eher negative Punkte in Verbindung gebracht. Die innovativen Lösungen – wie zum Beispiel die DryLyte Technologie – und die neuen Materialien (beispielsweise Zirkon) wären ohne den Trend der Globalisierung aber nicht rentabel einsetzbar. Aus diesem Blickwinkel betrachtet bringt die Globalisierung eine durchaus positive Entwicklung mit sich.

Outsourcing – Zugriff auf das gesamte Materialspektrum trotz geringer Investitionen

Mit steigender Material- und Technologievielfalt wird es schwer den Überblick zu behalten. Um dann auch noch jedes Material in jedem Fertigungsverfahren anbieten zu können, steigen die Investitionskosten ins schier Unermessliche. Aber: Nicht jeder muss alles fertigen können. Gerade kleine Dentallabore werden zukünftig eher eine beratende Funktion einnehmen, sich in der Produktion auf wenige Materialien spezialisieren und können – dank der Möglichkeit, an Fertigungszentren auszulagern – trotzdem auf das gesamte Materialspektrum in der Dentalbranche zurückgreifen.

Dentallabore, die nicht outsourcen und auf externe Fertigungsdienstleister zurückgreifen möchten, schließen gegebenenfalls Kooperationen oder liebäugeln damit, sich einer Laborkette anzuschließen.

Aus diesen Gründen schließen sich immer mehr Dentallabore zu Einkaufsgruppen zusammen

Diese Zusammenschlüsse bieten nicht nur den Vorteil einer schnelleren Amortisation von Investitionen durch eine verbesserte Geräteauslastung. Einkaufsgruppen profitieren oftmals auch von günstigeren Einkaufskonditionen.

Weiter oben im Beitrag haben wir vom Fachkräftemangel gesprochen, der zwar von neuen Technologien, teilweise, aber nicht im Gesamten kompensiert werden kann. Durch die Marktkonsolidierung in der Dentalbranche besteht die Möglichkeit, den Personaleinsatz noch effizienter zu gestalten und dem Fachkräftemangel gezielt den Kampf anzusagen. Denn zum einen wirken bekannte Arbeitgeber bereits in der Bewerbungsphase attraktiver, zum anderen lassen sich in größeren Laboren Arbeiten gleichmäßiger verteilen. Zudem bietet sich durch die höhere Mitarbeiteranzahl die Möglichkeit, neben Generalisten auch Bereichsspezialisten aufzubauen.

FAZIT

Neue Technologien und Materialien verändern den Dentalmarkt. Patient:innen sind informierter denn je und werden zur neuen Zielgruppe für Dentallabore. Der Anspruch von Patient:innen an Ästhetik und Biokompatibilität steigt, was dafür sorgt, dass implantatgetragene Versorgungen herausnehmbarem Zahnersatz vorgezogen wird oder im Bereich digitaler Kieferorthopädie eher Aligner Schienen aus dem 3D-Drucker anstatt Zahnspangen beauftragt werden. Dentallabore nehmen dabei eine beratende Funktion ein und bearbeiten in erster Linie komplexere Restaurationen. Die Kommunikation zwischen Behandelnden und Dentallaboren bewegt sich hin zu einem Dialog auf Augenhöhe. Für das Vertrauen von Zahnärzt:innen und Patient:innen ist wichtig, dass Sie nicht an Systeme gebunden werden. Durch Beratung und Service-Angebote, Hilfestellung und den zentralen Dienstleistungsgedanken fühlen sich Kund:innen nicht in Ketten gelegt, sondern emotional und freiwillig an ihr Dentallabor gebunden.

Sehen Sie die Chancen anstatt der Herausforderungen im Wandel und treten Sie mit uns der Zukunft in Ihrem Dentallabor entgegen. Ob eine Diskussion zu oben genannten Punkten, eine Beratung in Bezug auf die Materialvielfalt in der Dentalbranche oder Hilfestellung in Konstruktionsfragen – unsere Experten beraten Sie gerne!