Ende der Übergangsfrist der Medical Device Regulation (MDR) am 26. Mai 2024

Die Worte Medical Device Regulation (MDR) führen bei vielen Betroffenen nur noch zu einem Augenrollen. Mit Sicherheit auch deshalb, weil in vielen Punkten immer noch unklar ist, was genau zu tun ist. Am 26. Mai 2024 endet die Übergangsfrist. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die To-Dos erledigt sein. Es sind noch 1,5 Jahre bis dahin – da haben wir ja noch Zeit. Leider ist das jedoch nicht der Fall, denn allein die Bearbeitung der Zertifizierungsanträge durch die benannten Stellen nimmt aktuell durchschnittlich 700 Tage in Anspruch. Das heißt, wer bis jetzt noch keinen Antrag eingereicht hat oder sogar noch keine benannte Stelle hat, hat definitiv ein Problem.

Warum dauert die Bearbeitung der Anträge für eine MDR-Zertifizierung so lange?

Der MDR Vorgänger – die MDD – teilte die Medizinprodukte in vier Risikoklassen ein (I, IIa, IIb und III). Für Produkte, die in Klasse I eingruppiert wurden, war laut MDD keine Zertifizierung notwendig. Im Sinne der Patientensicherheit sieht die MDR für zahlreiche Produkte eine neue Zuordnung in die Risikoklassen vor. Viele Produkte, die laut MDD nicht zertifiziert werden mussten, benötigen demnach nun eine Zertifizierung.

Die Kapazitäten der für die Zertifizierung benannten Stellen reichen für den großen Ansturm an Neuzertifizierungen und die Umstellung der bestehenden Produkte auf die Anforderungen der MDR nicht aus. Aktuell sind EU-weit lediglich 34 Stellen zur Zertifizierung berechtigt. Nur acht davon befinden sich in Deutschland.

Die Zertifizierungsstellen finden Sie hier.

MDR (Medical Device Regulation) Dentallabor

Dentallabore müssen sich nicht zertifizieren lassen – warum ist das dann von Interesse?

Eine Zertifizierungspflicht für Dentallabore und ihre Sonderanfertigungen gibt es nicht. Dennoch ist dieses Hintergrundwissen interessant, da Produkte, die bei der alltäglichen Arbeit im Dentallabor Anwendung finden, zertifiziert sein müssen. Sollten Sie also mit Materialien arbeiten, die bisher noch nicht zertifiziert sind und das Verfahren noch nicht angestoßen wurde, sollten Sie sich bereits jetzt nach Ersatz umsehen.

Welche Aufgaben kommen hinsichtlich der MDR dann auf Dentallabore zu?

Im Beitrag Medizinprodukte-Verordnung – was ändert sich für Dentallabore? haben wir die Aufgaben für Dentallabore bereits kurz umrissen. Auf die Punkte Dokumentationspflicht und Einführung eines Qualitäts- und Risikomanagementsystems werden wir im Folgenden detaillierter eingehen.*

Dokumentationspflicht nach Medical Device Regulation (MDR)

Der Dokumentationspflicht kommen Sie mit einer Konformitätserklärung gemäß Anhang XIII der MDR nach. Folgende Angaben müssen enthalten sein:

  • Name und Anschrift des Herstellers mit allen Fertigungsstätten
  • Identifikationskennung (Name, Akronym oder nummerischer Code) des Patienten/der Patientin für den/die das Produkt hergestellt wurde sowie die Erklärung, dass das Produkt ausschließlich für diesen Patienten bestimmt ist
  • Name des/der Verordnenden und ggf. Name der betreffenden medizinischen Einrichtung
  • Spezifische Merkmale des Produkts
  • Erklärung, dass das betreffende Produkt den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I der MDR entspricht und gegebenenfalls einen Verweis auf die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen, welche nicht vollständig eingehalten wurden und warum sie nicht eingehalten werden konnten


Neben der Konformitätserklärung ist eine Dokumentation der Auslegung, der Herstellung und der Leistung der Sonderanfertigung verpflichtend. Die Aufbewahrungspflicht beträgt mindestens 10 Jahre nach Inverkehrbringen des Produkts, bei implantierbaren Produkten sogar mindestens 15 Jahre.

Abschließend muss die Chargenrückverfolgbarkeit gewährleistet sein. Dies kann zum Beispiel über Chargen- und Losnummern auf Lieferscheinen umgesetzt werden.

Eine Registrierung als Hersteller sowie die Registrierung ihrer Produkte in der europäischen Medizinprodukte-Datenbank EUDAMED ist für die Hersteller von Sonderanfertigungen nicht vorgesehen.

Qualitäts- und Risikomanagementsystem nach Medical Device Regulation (MDR)

Das Qualitäts- und Risikomanagementsystem muss laut MDR folgende Punkte (entsprechend der Risikoklasse und der Art des Produkts) berücksichtigen:

Qualitätsmanagementsystem gemäß Artikel 10 (9) der MDR und ISO 13485:

  • Konzept zur Einhaltung der Regulierungsvorschriften
  • Erfüllung der anwendbaren grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen aus Anhang I der MDR
  • Verantwortlichkeit der Leitung
  • Ressourcenmanagement einschließlich Lieferantenmanagement
  • Risikomanagement (Details siehe unten)
  • Klinische Bewertung und Nachbeobachtung
  • Herstellungsprozess
  • System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen
  • Kommunikation mit allen beteiligten Interessengruppen
  • Vigilanz
  • Management korrektiver und präventiver Maßnahmen
  • Produktverbesserung


Risikomanagementsystem gemäß Anhang I Kapitel I (3) der MDR und ISO 14971:

  • Risikomanagementplan für jedes Produkt oder jede „Produktfamilie“
  • Identifizierung, Analyse, Bewertung, Beseitigung und Kontrolle von Risiken
  • Bewertung der Informationen, die durch das Implementieren des Systems in der Fertigungsphase gewonnen werden
  • Diese Erkenntnisse müssen zu Anpassungen im Fertigungsprozess genutzt werden
  • Erstellung eines Sicherheitsberichts, der die Prüfung und Dokumentation der Erfahrungen nach dem Inverkehrbringen beinhaltet


*Übersicht hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Kontrolle der Einhaltung der Medical Device Regulation (MDR)

Die Einhaltung der Medical Device Regulation soll stichprobenartig durch die zuständigen Behörden und die benannten Stellen überprüft werden. Erste Überprüfungen haben bereits stattgefunden.

Endgültige Informationen zu Strafen bei Nichteinhaltung liegen derzeit noch nicht vor.

Ergänzung vom 14.12.2022

MDR – Verlängerung der Übergangsfristen?
Und sie bewegt sich doch – zumindestens ein bisschen...


Gemeint ist die EU-Kommission. Auch sie hat am 09.12.2022 endlich erkannt, dass es – unter den gegebenen Bedingungen – mathematisch gar nicht möglich ist, die 23.000 MDD-Zertifikate für Medizinprodukte, die spätestens im Mai 2024 auslaufen, bis dahin unter der MDR zu zertifizieren, wenn die Kapazität der benannten Stellen in diesem Zeitraum gerade mal 7.000 Umstellungen zulässt. (Zum Vergleich: Bis Oktober 2022 waren gerade einmal 1.990 MDR-Zertifikate ausgestellt).

Die Kommission plant daher, die Übergangsfristen abhängig von den Risikoklassen der Produkte bis Mai 2027 bzw. Mai 2028 zu verlängern (unter den Voraussetzungen, dass die Produkte weiterhin sicher sind, keine wesentlichen Änderungen an ihnen erfolgt sind und die Hersteller bis Mai 2024 einen Zertifizierungsantrag bei ihrer benannten Stelle gestellt haben). Eine entsprechende Gesetzesänderung soll Anfang 2023 im EU-Parlament eingebracht werden. Und muss nach ihrer Verabschiedung noch administrativ umgesetzt werden. Die Hersteller werden also erstmal weiterhin viel Geduld aufbringen müssen.

Die Fristverlängerung kann sowieso nur ein Anfang sein – die gravierenden strukturellen Probleme der MDR sind damit ja leider nicht behoben, sondern werden nur in die Zukunft verschoben. Hoffentlich hat die EU-Kommission nun auch hier sehr schnell eine Erleuchtung und handelt entsprechend. Wir werden Sie auf jeden Fall weiter auf dem Laufenden halten!

Update: Aktuelle Änderungen zu den Übergangsvorschriften erfahren Sie im Beitrag www.caddent.de/de/blog/mdr-update-0323


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